In einem Dorf, in dem das einzige bedeutsame Kulturereignis des Jahres das kollektive Besäufnis mit anschließender Bierzeltschlägerei auf dem örtlichen Marktplatz ist und das sich dementsprechend im Rest des Jahres auf diese physische und psychologische Kraftmeierei vorbereitet, ist die kritische Intervention durch eine Gruppe israelsolidarischer Kräfte besonders wichtig. Dass diese Intervention auf dem heimischen Terrain, dem Fußballfeld, stattfinden muss, entspringt dabei der Notwendigkeit, die prekären Zustände provinzieller Tristesse an ihrer Wurzel zu packen. Schon längst hat sich bei dem verwirrtesten Vertreter des zünftigen Mark4-Besuchs rumgesprochen, dass der getunte Golf, bei dem es dank der eigenen Unfähigkeit nur zum Folieren des Frontspoilers mit einer schlechten Glasfaserimitation gereicht hat, kein Ausdruck mehr von beachteter Männlichkeit ist. Zumal das örtliche Tanzlokal, nach dessen Besuch sich die Sneaker nur schwerlich von den Resten Vodka-RedBull und vorpubertärem Erbrochenen der Birthday-Party des letzten Wochenendes reinigen ließen, unlängst das zeitliche gesegnet hat. Was bleibt also dem knabenhaften Jungpöbel anderes übrig, als sich eben jene Projektionsfläche anzueignen, deren Identifikation genau das verspricht, was für die Hagens, Thorstens und Oles niemals zu erreichen ist: Geld, Frauen, eine Reise ins Ausland ohne Pauschalangebot und Clubanimation. So wird die Faszination für den Spitzenfußball aus den verrauchten Wohnzimmern von denjenigen auf den Rasen gebracht, deren Hände noch nicht am klebrigen PS4-Controller festgeschimmelt sind. So wie sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Triebstruktur der Subjekte festsetzen, so spiegeln Handlung und Interaktion wider, wie das Kaffmilieu sich auf die Heranwachsenden auswirkt. Statt isotonischen Drinks gibt es das strenge Bier aus der landkreislichen Brauerei, das dem flüchtig passierenden Großstädter als folklorige Eigentlichkeit erscheint und das einen Geschmack hinterlässt, als hätte der autoritäre Vater unter gleicher Strenge im Rausch die Kontrolle über seine schwieligen Hände verloren. Und statt zivilisierter Umgangsformen wird auch schon einmal eine Verabredung mit dem nächsten Dorf zur Klopperei getroffen, bei dem die überraschenderweise anwesenden Dorfsheriffs ein Waffenarsenal sicherstellen konnten, dass jedem Heimatmuseum mit Agrartechnik-Ecke Ehre gemacht hätte. Dieser Ort der Barbarei ist es nun also, an dem emanzipatorische Kritik von Links ansetzen muss. Es ist das erklärte Ziel dieser Theorie&Praxis-Gruppe, den Fußball als Objekt der Triebbefriedigung ob der allgegenwärtigen Demütigung durch das Dorfleben wieder zu zivilisieren. Aus diesem Grund erklären wir hiermit die Gründung der „Brigade Eschstadion“. Wir werden in Zukunft mit wachsamen Auge die Spiele unseres Heimatvereins, dem Fußballcub Friesische Wehde Zetel e.V. (kurz: FCFW Zetel) begleiten. Mehr noch als psychoanalytische Studie, seien unsere Spielberichte Zeugnisse der Kritik, die dem einen oder anderen noch zur Reflektion gereichen mögen. Für Israel sein, heißt für die Zivilisation sein. Gegen Gummistiefel und Tivoli! Blau und weiß für Israel! Rot und blau für Zetel!

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Brigade Eschstadion