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facebook.comHappy birthday Dalai Lama and have a long live.
Ein wunderbare klare Erläuterung des Dalai Lama aus dem Jahr 1993 über die Qualitäten von Lehrenden und den Problemen mit Lehrenden im Westen. Sehr lesenswert.
Über den Unterschied zwischen »Mitgefühl« und »Mitleid« Was bedeutet »Mitgefühl« im buddhistischen Sinne? Ist es nur eine Emotion wie viele andere? »Mitgefühl« unterscheidet sich erheblich vom bekannten »Mitleid«, jener Emotion, die bei extremen Situationen in uns sogar einen vernichten wollenden Sturm lostreten kann, weil wir ein bei anderen beobachtetes Leiden empathisch (dt.: sich in andere einfühlen) erleben und nicht ertragen können, aber keine gewaltfreien Auswege aus der Misere finden. »Empathisches Mitleiden« führt fast immer zu gewaltsamen Handlungen, die sich entweder gegen andere richten – Wut, Neid usw. - oder als Erschöpfungsdepression nach innen wirken, weshalb so viele Mitarbeitende in Krankenhäusern, Sozial- und Arbeitsämtern unter Burn-out leiden. »Empathisches Mitgefühl« hingegen beschreibt die wunderbare menschliche Kompetenz, sich in andere einfühlen zu können - was das Adjektiv »empathisch« zum Ausdruck bringt - um hieraus »heilsame Konsequenzen« zu ziehen, die das Wohlsein der anderen im Fokus haben. Solche »heilsamen Konse-quenzen« gelingen besonders gut, wenn wir andere nicht abwerten oder auf einen Sockel stellen, sondern aus einem tiefen Vertrauen in oder den festen Glauben an die Existenz »karmisch schädigender Geistespotenziale« erkennen, dass alle Leiden durch »schädigende Geistesfaktoren« entstehen. Die diesbezügliche gute Nachricht, die wir oftmals übersehen, lautet: Mit dem Auftreten eines Leidens – etwa der Trennung von einem geliebten Menschen, schwere Erkrankungen wie Krebs und Infarkte, Hunger usw. – löst sich ein »karmisch schädigendes Geistespotenzial« auf. Überstehen wir ein spezifi-sches Leiden, werden wir es in der Zukunft nicht mehr erleben – es sei denn, wir erzeugen durch unachtsames Handeln erneut entsprechende »karmisch schädigende Geistespotenziale«. Handeln wir in einer leidvollen Lebenssituation selbst unter Schmerzen »heilsam« - indem wir beispielsweise keine Wut, keine Flüche oder ähnliches im »Geisti« zulassen – werden »karmisch heilsame Geistespotenziale« erzeugt, was in der buddhistischen Terminologie als »An-sammeln von Verdienst« bezeichnet wird. Solche »heilsamen Geistespotenziale« entstehen bereits, wenn wir niemandem Schaden zufügen, weshalb uns der Dalai-Lama zu einem solchen Verhalten unablässig rät. »Empathisches Mitgefühl fördert das Ansammeln von Verdiensten und setzt heilsame Energien frei – weshalb es nicht erschöpfend wirkt, selbst wenn praktische Hilfe nicht möglich ist.« Das vollständige Fehlen von »Mitgefühl« bewirkt hingegen dauerhaftes Leiden bis hin zu jenen »Verbrechen gegen das Menschsein« (engl.: crime against humanity ). Daher können wir mit Gewissheit sagen, dass unsere Eltern und Großeltern, die die Herrschaft der NSDAP ermöglicht und bejubelt hatten, tief-unglückliche Menschen waren. Ehrlicherweise sollten wir aber auch die Entwicklung, Herstellung und den Verkauf von Waffen in dieser Weise betrach-ten, weil dadurch erst die Instrumente eines Massenmords in die Welt gelangen – was nur mit einem enormen Mangel an »Mitgefühl« bei allen Beteiligten möglich ist. Insofern sind alle Mitarbeitenden von Waffenschmieden und ent-sprechender Hochschulinstitute weitgehend unglückliche Menschen – selbst wenn sie dabei viel Geld verdienen. Nutzen und entwickeln wir unsere menschlichen Kompetenzen zum »Mitgefühl« etwa in Meditationen über Diktatoren, Soldaten und Soldatinnen, Mordende, Hetzende, Waffenentwickelnde und andere Gewalttätige werden wir »Mitgefühl« sogar für jene entwickeln, die wir üblicherweise verachten. Auf diesem Weg entsteht dann eines Tages ein so «umfassendes Mitgefühl für alle fühlende Wesen«, dass es uns motiviert, die Buddhaschaft erlangen zu wollen, weil wir erst in diesem Geisteszustand allen Leidenden heilsame Wege aus ihrem leidvollen Lebenskreisen aufzeigen können. So entsteht »handelndes Bodhicitta«. " (Text: Hans Korfmacher, Lebenskreise (Band 2) - Geist und Glück, erscheint Ende 2017)
Über die vermeintliche Identität von Geist und Gehirn: "Die öffentliche und wissenschaftliche Meinung über den »Geist« verunsichert unser westlich geprägtes Denken über uns selbst, weil wir auf fast allen medialen Kanälen die absurde Hypothese hören: „Der Geist ist ein Produkt biochemischer Prozesse.“ Mit dieser These treiben wir die Selbsterniedrigung zur biologischen Maschine auf die Spitze. So formulierte der Harvard Biologe Edward O. Wilson (Jahrgang 1929) in einem seiner letzten Bücher Der Sinn des menschlichen Lebens stell-vertretend für diese Denkschule: „Heute geht man gemeinhin davon aus, dass das menschliche Verhalten zu einem guten Teil genetisch bedingt ist. Instinkt und menschliche Natur gehören zusammen – nur wie eng, darüber wird diskutiert.“ Er trägt aber in seinem Buch wie alle anderen Vertretenden der biologistischen Weltsicht nicht ein einziges tragfähiges Argument vor, das belegen könnte, inwiefern „Instinkt und menschliche Natur zusammengehören“ und argumentiert lediglich mit der Plattitüde: „Man geht gemeinhin davon aus.“ Das ist symptomatisch für die Protagonisten des »biologistischen Paradigmas«, da sie über keine ernsthaften Argumente verfügen. Denken wir stattdessen mit Hilfe der buddhistischen Weisen intensiv über uns selbst nach, können wir den Begriff vom »instinkthaften Verhalten des Menschen« in einer analytischen Meditation mit einfachen Argumenten widerlegen: a) Wenn wir davon sprechen, dass ein Tier »instinktiv« handelt, drücken wir aus, dass für das Tier ein anderes Verhalten nicht möglich ist. Wir nutzen die Begriffe »Instinkt und Trieb« synonym, wenn wir davon reden, dass »ein Tier seinem Instinkt zur Jagd folgt« - dass es nicht anders entscheiden kann, determiniert jagen und fressen muss. b) Wenn wir jedoch davon sprechen, dass ein Feuerwehrmann »instinktiv« richtig handelt, wollen wir sagen: „Er hat intuitiv (dt.: das unmittelbare Erkennen eines Sachverhalts ) eine Gefahr richtig erkannt und entsprechend sinnhaft gehandelt.“ Folglich ist es angemessener, menschliche Aktivitäten als »intuitiv« zu bezeichnen und die unsinnige Charakterisierung »instinktiv« aufzugeben. c) Selbst der viel zitierte »Sexualtrieb oder Fortpflanzungsinstinkt« ist nur eine Ausrede, um einem nur scheinbar unstillbaren Verlangen aufgrund narzisstischer Bestrebungen ungehemmt nachzugehen. Denn das Überleben der Menschheit ist wahrlich nicht von einer mehrfach wöchentlichen Sexualpraxis abgängig. Und selbstverständlich kann jeder Mensch sich gegen sexuelle Aktivitäten entscheiden. Viele tun das »intuitiv« aus dem guten Grund, um ihren Narzissmus aufzugeben. Die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Biologie, Neurologie, Psychologie usw. würden vermutlich, wenn sie etwas über »Asangas Geistesmodell« läsen, Fragen vortragen, mit denen üblicherweise Andersdenkende diskreditiert werden: Hat Asangas Wissen überhaupt einen Wert? Kann er eine wissenschaftliche Qualifikation vorweisen? Hat er Neurologie oder Psychologie studiert? Wir können nur reproduzierbare Daten akzeptieren. Analytische Meditationen reichen im heutigen Wissenschaftsbetrieb nicht aus. Ist das »Denken« überflüssig geworden? Dass aber die erst seit gut zweihundert Jahren postulierte naturwissenschaftliche Hypothese über den materiellen Ursprung und den neurologischen Charakter des »Geistes« eine der großen Fehleinschätzungen des Materialismus ist, haben europäische Philosophierende – von Aristoteles bis Karl Popper, Sokrates bis Erich Fromm – denkend hinreichend dargelegt. Philosophische Weisheiten, die seit vielen Tausend Jahren die spirituellen (dt.: den Geist betreffend) Grundlagen der Menschheit sind, können nicht mit ein paar bedeutungslosen Experimenten beseitigt werden, zumal die Beweisführung für die große »Hypothese des materiellen Charakters des Geistes« bis heute erbärmlich ist. Das hat sich aufgrund der unbestreitbaren Fortschritte der Neurobiologie nicht verbessert. Stattdessen können wir die gängige Hypothese einer vermeintlichen »Identität von Gehirn und Geist« schon mit einfachen Fragen und logischem Denken in analytischen Meditationen widerlegen. „Denken wir nach!“ (i) Im Falle hyperaktiver Menschen – oftmals Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene zeigen Symptome - stellen sich zwei wesentliche Fragen: Sind die chemisch nachweislich fehlenden Botenstoffe im Gehirn der Betroffenen Ursache für das beobachtbare unkonzentriertes Verhalten? Oder fehlen die Substanzen, weil die betroffenen Menschen sich aus anderen Gründen in einem unkonzentrierten Zustand befinden und der Körper die Stoffe als Wirkung der geringeren Konzentrationsfähigkeit nicht mehr produziert, da sie nicht benötigt werden? Wir stehen vor einem klassischen Henne-Ei-Dilemma. Zu dessen Auflösung müssen wir das »Denken« nutzen und zu »intuitiven« Schlussfolgerungen gelangen: - Die These vom biologischen Ursprung des Geistes ist experimentell nicht beweisbar. Genauso wenig wie wir experimentell niemals die Frage beantworten werden, ob zuerst die Henne oder das Ei existierten. Selbst der Verweis auf den genetischen Code und nachfolgend hergestellte Proteine kann nicht beweisen, ob Gene Ursachen oder Wirkungen des »Geistes« sind. Beide Sichtweisen können alle Beobachtungen erklären. - In den letzten zwanzig Jahren lernen wir aus der Humangenetik, dass im menschlichen Genom keine Gene für Emotionen oder Intelligenz, für musikalische, mathematische oder sonstige kognitive Fähigkeiten vorhanden sind. Obwohl jeder Buchstabe der menschlichen DNS mittlerweile bekannt ist, finden Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen keine genetische Codierung geistiger Phänomene – so sehr sie auch danach suchen. Diese Beobachtung ist Anlass genug, die gängige Hypothese vom materiellen Ursprung des »Geistes« zu hinterfragen. - Das Genom der heutigen Menschen ist fast identisch mit dem unserer Vorfahren vor einhunderttausend Jahren. Offensichtlich besteht jedoch ein enormer kultureller und intellektueller Unterschied zwischen den Menschen damals und heute, sodass sich die simple Frage stellt: Woher kommt unsere heutige Kultur und Intelligenz? Da die genetischen Strukturen weitgehend identisch sind, können sie nicht ursächlich sein. - Das menschliche Genom unterscheidet sich obendrein nur um circa dreihundert Genen von dem der Menschenaffen, wovon die meisten für äußere, körperliche Unterschiede wie Behaarung usw. erforderlich sind. Der signifikante intellektuelle und emotionale Unterschied zwischen Menschen und Menschenaffen müsste demnach auf etwas weniger als circa zehn Genen basieren. Das aber ist eine unsinnige Annahme, weil schon einfache körperliche Merkmale wesentlich mehr genetische Informationen erfordern. Die menschliche Intelligenz, so gut oder schlecht sie auch sei, ist genetisch nicht erklärbar. - Die neuere Epigenetik wirft schließlich die letzten Argumente für die gängige Hypothese über den materiellen Ursprung des »Geistes« mit erstaunlichen Beobachtungen über Bord: Forschende fanden heraus, dass Menschen alleine durch ihr Denken bestimmte Gene an- oder ausschalten. Verhalten wir uns beispielsweise weniger aggressiv, werden weniger Stresshormone produziert und entsprechende Gene an- oder abgeschaltet. Sind weniger Stresshormone im Blut, werden vorhandene Schäden am Erbgut sogar repariert. Diese Beobachtungen stützen die Erkenntnis, dass der »Geist« den körperlichen Zustand jedes Menschen bedeutsam bestimmt. Befindet sich ein »Geist« in einem trägen, pessimistischen oder depressiven Zustand, drückt sich das körperlich in vielen enzymatischen Reaktionen aus. Die Ursachen für die Stimmungen sind aber nicht die Hormone oder neuronalen Botenstoffe, sondern Faktoren des «individuellen Geistes«, die Asanga »Geistesfaktoren« nennt. Anhand solch einfacher Argumente können wir bereits zweifelsfrei ausschließen, dass menschliche Intelligenz und Emotionen genetisch vorprogrammiert sind und dass der »individuelle Geist« eine materielle Basis besitzt. Deshalb kann mit neurobiologischen Experimenten ein »individueller Geist« prinzipiell nicht erforscht werden. Wie sollte ein nichtmaterielles Objekt mit physikalischen Methode vermessen werden? Der Neurowissenschaftler Vittorio Gallese (Jahrgang 1959), Mitentdecker der berühmtgewordenen Spiegelneuronen, er-klärt denn auch: „In einem Kernspintomographen können wir akribisch genau Hirnaktivitäten messen, während sie etwa einen Roman lesen. Eine entscheidende Frage beantwortet das aber nicht: Was schätzen Sie an dieser Lektüre und auf welche Weise? Wir können Ihre Wahrnehmung eines Romans nicht auf die Konnektivität von Nervenzellen und auf Gleichgewichte von Neurotransmittern reduzieren. Was wir aus den Fragen lernen, die wir an das Gehirn stellen, sagt nur etwas über die jeweilige, ganz spezifische Untersuchungsbedingung aus, mit der wir arbeiten.“ (Text: Hans Korfmacher, Lebenskreise (Band 2) - Geist und Glück, erscheint Ende 2017)
Betrachtungen über die Freiheit von der Unabhängigkeit: "Das Wesen des Menschen ist sein »fließend abhängiges Werden« und seine Abhängigkeit von unzähligen anderen Menschen, Pflanzen, Tieren usw. Je länger und konzentrierter wir über diese Frage meditieren, desto klarer sehen wir, dass es viele Übereinstimmungen zwischen den Denkergebnissen Immanuel Kants und anderen Philosophierenden des Westens mit denen Buddha Shakyamunis gibt. Anstatt uns auf den sinnlosen Kampf um die Chimäre einer »absoluten Freiheit« einzulassen, die uns falsche Perspektiven vorgaukelt, könnten wir unsere Gesellschaften viel besser so organisieren, „dass die soziale, die liebevolle Seite des Menschen nicht von seiner gesellschaftlichen Existenz getrennt, sondern mit ihr eins sein kann. Das Vertrauen in die Möglichkeit der Liebe als ein gesellschaftliches Phänomen, ist ein rationales Verständnis, das sich auf die Einsicht in das wahre Wesen des Menschen stützt.“ Es ist unmöglich, Dinge, Situationen oder Beziehungen »objektiv« zu erfassen, weil jeder Mensch, jeder Person und jedes »ICH« sich von Moment zu Moment in Abhängigkeit von unzähligen weiteren Faktoren wandelt. Die »Unbeständigkeit« ist die wunderbare Wirklichkeit des Lebens, die großartig und freudvoll ist, weil wir ansonsten nicht lebendig wären. Buddha hatte diese schöne Eigenschaft des Lebens auf den einfachen Satz komprimiert: „Wenn Jenes ist, wird Diese, durch die Entstehung von Jenem, wird Dieses.“ Das permanente Entstehen impliziert fünftens ein Vergehen und somit den unausweichlichen Tod, vor dem wir uns alle viel zu sehr fürchten: „Was irgend entstanden ist, muss wieder untergehen.“ Diese fast schon banale Feststellung, der jeder und jede Einzelne selbstverständlich zustimmt, weil sie die Wirklichkeit abbildet, die wir jedoch mit aller Gewalt zu verdrängen suchen, führte Irving D. Yalom zu dem überaus wichtigen Satz der existenziellen Psychotherapie: „Der Tod ist die Bedingung, die es uns ermöglicht, das Leben auf authentische Art und Weise zu leben.“ Solange wir das „Bewusstsein über das Sein und den impliziten Tod“ nicht verinnerlichen, haben wir unser Menschsein nicht vollendet. Der Philosoph und Essayist Michel de Montaigne (1533 – 1592) hatte bereits im Mittelalter diese existenzielle Sichtweise in einem fiktiven Gespräch zwischen Chiron, einem Halbgott, mit seinem Vater Saturn, dem Gott der Zeit, grandios beschrieben: „Stell dir einmal aufrichtig vor, [sagt Saturn zu Chiron] wie viel unerträglicher und schmerzhafter ein ewig dauerndes Leben für den Menschen wäre als das Leben, das ich ihm gab. Wenn du den Tod nicht hättest, würdest du mich unaufhörlich verfluchen. Ich habe es absichtlich mit etwas Bitterkeit vermischt, um dich daran zu hindern, es zu gierig und maßlos zu umarmen.“ Der beständige Wandel alles Lebendigen und dessen Tod ist die freudig existenzielle Begründung, warum es eine »Objektivität« nicht gibt, was bedeutet, das den Objekten keine Eigenschaften inhärent innewohnen und wir alle die »Freiheit von der Unabhängigkeit« genießen dürfen. Der amerikanische Philosoph Thomas Nagel zog hieraus sechstens die wichtige Konsequenz: „Nur ein mit einem vollständigen Instrumentarium eines umfassenden Vorstellungsvermögens ausgestattetes Wesen könnte jede der subjektiven Perspektiven verstehen.“ Die Entwicklung eines »vollständigen Instrumentariums des Geistes« ist notwendig, um alle „subjektiven Perspektiven“ aller fühlenden Wesen zu verstehen, sodass wir das »existenzielle Getrenntsein« überwinden. Sobald wir irgendeines Tages in der Lage sein werden, die „subjektiven Perspektiven“ aller fühlenden Wesen »empathisch« wahrzunehmen und »mitfühlend« den Wunsch erleben, dass niemand mehr leiden solle, werden wir unsere Mitmenschen nicht mehr für ihre Worte und Taten verurteilen, sondern den Wunsch entwickeln, dass sie alle glücklich leben sollen. Das ist die frohe buddhistische Botschaft des Begriffs »Mitgefühl«, der sich von der Emotion »Mitleid« darin unterscheidet, dass das letztere das Leiden in der Welt nicht aushält und oft in abwehrende Gewalt umschlägt, während »Mitgefühl« Verantwortung für das Wohl aller fühlenden Wesen übernimmt. Entwickeln wir ergo ein »umfassendes Mitgefühl« für möglichst viele Wesen, werden wir diese nicht mehr in urteilende Kategorien »gut und schlecht« einsortieren und darin als Gefangene halten. Kriege werden der Vergangenheit angehören. Das furchtbare Leiden der Menschen wird enden, weil wir wissend miteinander kommunizieren und in jedem Moment »die Freiheit von der Unabhängigkeit und das Leersein von Eigenexistenz erleben.« Mit seinem tiefgründigen Denken über Die Grenzen der Objektivität näherte sich Thomas Nagel dieser Weisheit Buddha Shakyamunis an, der erklärt hatte, dass nach dem Erreichen eines erwachten Geisteszustandes (skr.: Bodhicitta ) aufgrund eines entsprechenden Trainings die geistigen Fähigkeiten so weit entwickelt sein werden, dass die unzähligen »subjektiven Perspektiven« aller fühlenden Wesen erkannt, verstanden und nachempfunden werden. Dann hört die von Erich Fromm konstatierte »Isolation« auf." (Text: Hans Korfmacher, Lebenskreise (Band 2) - Geist und Glück, erscheint Ende 2017)
Tsongkhapa über das Verhältnis von anyltischer und fokussierender Meditation: "Die analytische Methode ist erforderlich für Meditationen auf - das Vertrauen in Lehrende - die große Bedeutung und auch die Schwierigkeiten, Gelassenheit und neue Möglichkeiten zu erlangen - Tod und Unbeständigkeit - Karma und seine Auswirkungen - die Leiden der Lebenskreisläufe - die Entwicklung des Erleuchtungsgeistes. Meditationen auf solche Themen erfordern ein Bewusstsein, das ausdauernd, kraftvoll und fähig ist, den Geist zu verändern. Ohne eine Bewusstseinsänderung mit Hilfe der Analyse wird niemand in der Lage sein, die bestehenden Hindernisse wie mangelnder Respekt, Zweifel usw. zu überwinden. Dabei müssen wir erkennen, dass die Entwicklung eines so starken Bewusstseins, das die hartnäckigen Hindernisse überwinden kann, ausschließlich auf wiederholten Meditationen beruht, die mit tiefgründiger Analyse ausgeführt werden. Schreiben wir beispielsweise einem Objekt des Anhaftens attraktive Eigenschaften zu, entwickeln wir eine intensive Anhaftung. Ähnliches gilt, wenn wir immer wieder an unangenehme Aspekte eines Feindes denken, woraus sich eine intensive Ablehnung entwickelt. Das gleiche gilt für ähnliche Meditationen auf den Tod, die Unbeständigkeit, Karma und dessen Wirkungen usw., unabhängig davon, ob die Vorstellung über das Meditationsobjekt klar ist oder nicht. Praktizierst du intensiv und ausführlich analytische Meditationen auf solche Themen, erhält dein Geist langanhaltende und kraftvolle Mittel an die Hand, um die tatsächliche, leere Wirklichkeit der Objekte zu begreifen. Erreichst du sodann die Stufe der fokussierenden Meditation in Form Geistiger Ruhe, verfügst du über eine Nutzbarkeit deines Geistes, dass du diesen auf jedes beliebige Objekt meditativ ausrichten können wirst. Wenn jedoch jene, die ihren Geist nicht einmal für einen Moment bei einem Objekt halten können, versuchen, wiederholt analytische Meditationen zwecks Steigerung der Konzentration auszuführen, werden sie ihr Ziel selbstverständlich nicht erreichen. Sie sollten sich daher zunächst in fokussierenden Meditationen üben, um hierauf aufbauend ihre analytischen Fähigkeiten zu entwickeln. Diese Zusammenhänge nicht wissend, behaupten manche sogar: „Gelehrte beschäftigen sich mit analytischen Meditationen. Lernende hingegen praktizieren fokussierende Meditationen.“ Doch das ist nicht der Fall, weil man beides praktizieren muss: Gelehrte müssen sich in fokussierenden Meditationen üben, um Shamata zu erreichen, während Lernende durch analytische Meditationen beispielsweise ihr Vertrauen in Lehrende stärken müssen. Darüber hinaus erklären sowohl die Sutra-Abteilung der Schriften als auch die Tantra-Abteilung immer wieder, dass wir ein qualifiziertes Urteilsvermögen für beide Meditationsmethoden benötigen. Wenn bei dir noch Mängel hinsichtlich analytischer Fähigkeiten vorhanden sind, wirst du keine einwandfreie Weisheit über das Leersein erreichen können. Selbst wenn du diese Weisheit meditativ ansatzweise entwickelt hast, wird sie nicht sehr stabil und ausreichend sein, denn ohne die Fähigkeit zur analytischen Meditation wirst du keine schnellen Fortschritte auf dem Pfad machen, da das ultimative Ziel des Pfades das Erlangen jener Weisheit ist, die umfassend und frei von allen Verblendungen die reale Natur und Vielfalt der Phänomene unterscheidend erkennt. Deshalb sagte der Meister Matrceta: „Allwissenheit ist die Beste aller Weisheiten.“ Erkenne es daher als klares Signal, dass du dich auf einem falschen Pfad befindest, wenn, so sehr du dich auch anstrengst, die Kraft deines Vergegenwärtigens in Vergesslichkeit eingehüllt ist und deine Auffassungsgabe darüber, was aufzugeben und was anzunehmen ist, sehr langsam daherkommt. Daher, indem wir die unterscheidende Weisheit nutzen und analytische Meditationen über die Bedeutungsinhalte der Schriften praktizieren, werden wir erst die vielen Attribute der guten Eigenschaften der drei Juwelen wirklich verstehen lernen. Dadurch wird unser Vertrauen in sie stetig wachsen. Haben wir aufgrund von analytischen Meditationen einmal die vielen Fehler der Lebenskreisläufe erkannt, wird sich eine Empörung und Desillusionierung hierüber einstellen und wir werden die Vorteile einer Befreiung aus vielen Perspektiven erkennen können, sodass wir eine ernsthafte Befreiung aus den Da-seinskreisläufen anstreben. Durch die derartige Anwendung von Meditationen werden wir auch die Bedeutung des Erleuchtungsgeistes und der vielen wundersamen Aktivitäten, die sich aufgrund der sechs Vollkommenheiten ergeben, ermessen. All das zusammen erhöht die Unumkehrbarkeit des Vertrauens, der Bestrebungen und der freudigen Beharrlichkeit. Da all dies ausschließlich auf der Anwendung der unterscheidenden Weisheit basiert, die durch die Praxis analytischer Meditationen über die Bedeutungsinhalte der Schriften wächst, sollten die Intelligenten für sich diese Gewissheit stärken, sodass die vielen wirren Stimmen sie nicht mehr vom Weg abbringen können." (Tsongkhapa, Lam, rim chen mo, Kapitel 6, übersetzt von Hans Korfmacher)
Tsongkhapa über die Bedeutung von analytischer und fokussierender Meditation im Lam rim chen mo (Teil 2): "Darüber hinaus ist die Behauptung, alle konzeptionellen Gedanken implizierten die Annahme einer inhärenten Existenz und seien eine Behinderung auf dem Weg zur Erleuchtung, die größte Fehlinterpretation, die man sich vorstellen kann und behindert jede anspruchsvolle Meditation. Das ist das fehlerhafte System den Chinesen Ha-Shang, was ich in späteren Kapiteln über Geistige Ruhe (skr.: shamata) und Besondere Einsicht (skr.: sunyata) erklären werde. Diese Fehlinterpretation beeinträchtigt den tiefen Respekt vor den klassischen Schriften, da diese sich hauptsächlich mit der anspruchsvollen Analyse beschäftigen, während das System Ha-Shangs alle Analysen während der meditativen Praxis für überflüssig erklärt. Das ist einer der Gründe, warum die Lehre degenerieren wird, denn jene, die diese falsche Sicht vertreten anerkennen nicht die Schriften und zugehöriger Kommentare als Anleitungen zur meditativen Praxis und würdigen daher ihren Wert herab. Frage: Falls, wie du sagst, tatsächlich zwei Formen an Meditation existieren – die analytische und die nichtanalytisch fokussierende Meditation – welche Aktivitäten umfassen die jeweilige Meditationsform? Antwort: Die analytische Methode ist erforderlich für Meditationen über - das Vertrauen in Lehrende - die große Bedeutung und auch die Schwierigkeiten, Gelassenheit und neue Möglichkeiten zu erlangen - Tod und Unbeständigkeit - Karma und seine Auswirkungen - die Leiden der Lebenskreisläufe - die Entwicklung des Erleuchtungsgeistes Denn Meditationen über solche Themen erfordern ein Bewusstsein, das ausdauernd, kraftvoll und fähig ist, den Geist zu verändern. Ohne eine solche Bewusstseinsänderung wird niemand in der Lage sein, die bestehenden Hindernisse wie mangelnder Respekt, Zweifel usw. zu überwinden. Dabei müssen wir erkennen, dass die Entwicklung eines so starken Bewusstseins, das die hartnäckigen Hindernisse überwinden kann, ausschließlich auf wiederholte Meditationen beruht, die mit tiefgründiger Analyse ausgeführt werden. Wenn wir beispielsweise attraktive Eigenschaften einem Objekt des Anhaftens zuschreiben, entwickeln wir eine intensive Anhaftung hieran. Ähnliches gilt, wenn wir immer wieder an unangenehme Aspekte eines Feindes denken, woraus eine intensive Ablehnung entsteht. Das gleiche gilt für alle ähnlichen Meditationen über den Tod, die Unbeständigkeit, Karma und dessen Wirkungen usw., unabhängig davon, ob die Vorstellung über das Meditationsobjekt klar ist oder nicht. Praktizierst du intensiv und ausführlich analytische Meditationen hierüber, erhält dein Geist langanhaltende und kraftvolle Mittel an die Hand, um die tatsächliche, leere Wirklichkeit der Objekte zu begreifen. Erreichst du dann die Stufe der fokussierenden Meditation in Form Geistiger Ruhe, kannst du deinen Geist in einer Weise nutzen, dass du diesen auf jedes beliebige Objekt meditativ ausrichten kannst. Wenn jedoch jene, die ihren Geist nicht einmal für einen Moment bei einem Objekt halten können, wiederholt analytische Meditationen ausführen, um ihre Konzentration zu steigern, werden sie ihr Ziel selbstverständlich nicht erreichen. Sie sollten sich daher zunächst in fokussierender Meditation üben, um hierauf aufbauend analytische Fähigkeiten zu entwickeln. Ich werde dies später im Kapitel über Geistige Ruhe und Besondere Einsicht detailliert erläutern. Diese Zusammenhänge nicht wissend, behaupten manche sogar: „Gelehrte beschäftigen sich nur mit analytischen Meditationen. Lernende hingegen praktizieren fokussierende Meditationen.“ Doch auch das ist nicht der Fall, weil man beides praktizieren muss. Gelehrte müssen sich in fokussierender Meditation ebenso üben, um Shamata zu erreichen, während Lernende durch analytische Meditationen beispielsweise ihr Vertrauen in Lehrende stärken müssen. Darüber hinaus erklären sowohl die Sutra-Abteilung der Schriften als auch die Tantra-Abteilung immer wieder, dass wir ein qualifiziertes Urteilsvermögen für beide Meditationsmethoden benötigen. Wenn deine analytischen Fähigkeiten nur mangelhaft ausgebildet sind, wirst du keine einwandfreie Weisheit über das Leersein erreichen. Selbst wenn du die Weisheit ansatzweise entwickelst, wird sie nicht sehr stabil und ausreichend sein. Daher wirst du ohne die Fähigkeit zur analytischen Meditation keine schnellen Fortschritte auf dem Pfad machen, da das ultimative Ziel des Pfades das Erlangen jener Weisheit ist, die umfassend und frei von allen Verblendungen die reale Natur und Vielfalt der Phänomene unterscheidend erkennt. Deshalb sagte der Meister Matrceta: „Allwissenheit ist die Beste aller Weisheiten.“ Erkenne es als ein klares Signal, dass du dich auf einem falschen Pfad befindest, wenn, so sehr du dich auch anstrengst, die Kraft deines Vergegenwärtigens in Vergesslichkeit eingehüllt ist und deine Auffassungsgabe darüber, was aufgegeben und was aufgenommen werden soll, nur sehr langsam ist. Daher, indem wir die unterscheidende Weisheit nutzen und analytische Meditationen über die Bedeutungsinhalte der Schriften praktizieren, werden wir erst die vielen Attribute der guten Eigenschaften der drei Juwelen verstehen. Dadurch wird das Vertrauen in sie stetig wachsen. Haben wir des Weiteren aufgrund von analytischen Meditationen einmal die vielen Fehler der Lebenskreisläufe erkannt, wird sich eine Empörung und Desillusionierung hierüber einstellen und wir werden die Vorteile einer Befreiung davon aus vielen Perspektiven erkennen, sodass eine ernsthafte Befreiung aus den Daseinskreisläufen angestrebt werden kann. Durch die Anwendung solcher Meditationen werden wir auch erst die Bedeutung des Erleuchtungsgeistes und der vielen wundersamen Aktivitäten, die sich aufgrund der sechs Vollkommenheiten ergeben, ermessen können. All das zusammen erhöht die Unumkehrbarkeit des Vertrauens, der Bestrebungen und der freudigen Beharrlichkeit. Da all dies ausschließlich auf der Anwendung der unterscheidenden Weisheit basiert, die durch die Praxis analytischer Meditationen über die Bedeutungsinhalte der Schriften wächst, sollten die Intelligenten für sich diese Gewissheiten stärken, sodass andere sie vom Weg nicht mehr abbringen können." (Tsongkhapa, Lam rim chen mo, Kapitel 6, übersetzt von Hans Korfmacher)
Tsongkhapa (4. Jahrhundert) im Lam rim chen mo über falsche Sichtweisen über Meditation. Ich bin immer wieder überrascht, wie aktuell sein Text immer noch ist: "Manche Menschen haben noch nicht mitbekommen, dass die klassischen Texte sowie die zugehörigen Kommentare eine persönliche Anleitung für sie konstituieren und tragen daher folgende Bedenken vor: Bedenken: Wenn man über den Pfad meditiert, sollte man ausschließlich fokussierend meditieren und eine wiederholte Analyse der Meditationsobjekte vermeiden. Analysen mit erkennender und unterscheidender Weisheit sind nur für die Zeiten des Studiums und der Reflektion vorgesehen. Obendrein verhindern die wiederholten Analysen während der Meditation das Erreichen der Buddhaschaft, weil konzeptionelle Gedanken leicht zur Annahme einer wahrhaften Existenz verleiten. Dem ist zu antworten: Das ist das unsinnige Geschwätz einer Person, die über die wichtigen Punkte der Meditation völlig unwissend ist. In Maitreyas Schmuck der Mahayana Sutras (Mahayana-sutralamkara-karika) heißt es diesbezüglich: „Angemessene Aufmerksamkeit basiert auf einem qualifizierten Studium. Subtile Weisheit, die die Wirklichkeit als Objekt nutzt, entsteht durch das Kultivieren von angemessener Aufmerksamkeit.“ Maitreya lehrt uns hiermit, dass wir die unterscheidende Weisheit nutzen müssen, die aus der Reflektion entsteht, um uns die angemessene Bedeutung dessen zu vergegenwärtigen, was wir studiert haben. Hieraus entsteht meditativ fokussierend die subtile Weisheit, die die Wirklichkeit korrekt wahrnimmt. Hieraus folgt: Studiere zunächst mit jemandem zusammen das, was du praktizieren möchtest, sodass du es wiederholen kannst. Nutze nachfolgend die Schriften und Argumente, um die Bedeutung deiner Studienobjekte solide zu verstehen, sodass es zu deinem Wissen wird. Hast du einmal die Bedeutung dessen, was du ursprünglich praktizieren wolltest, mit dieser Art des Studiums und Reflektion erfasst und alle Zweifel überwunden, gewöhne dich durch Wiederholungen hieran. Wir nennen dies »wiederholte Gewöhnungsmeditation«. Wir brauchen Beides: sowohl die analytische als auch die nichtanalytische fokussierende Meditation. Meditation umfasst sowohl die nichtanalytische Stabilisierung der Bedeutung dessen, was du ursprünglich praktizieren wolltest und durch das Studium und Reflektion erfahrbar wird, als auch die Nutzung der unterscheidenden Weisheit zwecks Analyse der Bedeutungen. Deshalb ist die Behauptung, alle Meditationen seien ausschließlich fokussierend genauso zu bewerten wie jene, die von einem Getreidekorn behauptet: „Das ist das gesamte Getreide der Welt.“ Genauso wie das Studium selbst der Weisheit voran geht, die aus dem Studium entsteht, geht die Reflektion selbst der Weisheit voran, die aus der Reflektion entsteht, und geht die Meditation der Weisheit voran, die aus der Meditation entsteht. Deshalb bedeutet Meditation sich an das zu gewöhnen, dass durch die Reflektion entstanden war. Es heißt, dass die Weisheit, die aus der Meditation hervorgeht, ein Produkt der Weisheit ist, die aus Reflektion entstand. Die Tiefe der Weisheit, die durch Meditation entsteht, entspricht jener, die du durch Studien erzeugen konntest. Die Breite deiner Reflektionen entspricht deiner Weisheit, die Tiefe deiner Weisheit ist proportional zu deinen Reflektionen. Das Ausmaß deiner Meditationspraxis korrespondiert folglich zu der Tiefe deiner Weisheit, die durch Reflektionen erlangen konntest, während deine Fähigkeiten, Fehler zu vermeiden und Verdienste anzusammeln dem Ausmaß deiner Meditationspraxis entsprechen. Deshalb heißt es in den Schriften und Kommentaren, dass das Studium und die Reflektionen äußerst wichtig sind für Meditationen. Manche erheben nun den Einspruch, dass das Wissen, welches durch Studium und Reflektionen entsteht, nicht für Meditationen erforderlich ist, sondern lediglich ein oberflächliches Wissen fördert und fehlerhafte Konzepte anderer eliminiert. Antwort: Diese Sicht ist nicht kohärent (geschlossen) und ist vergleichbar mit einer Situation, bei der man einem Rennpferd eine Rennbahn zeigt und dort trainiert, jedoch auf einer anderen Rennbahn das Wettrennen austrägt. Diese Sicht zerstört vollständig die Prozesse zur Entwicklung der drei Weisheiten (die aus dem Studium, der Reflektion und der Meditation hierüber entstehen), die aufeinander aufbauend sind, wie es die Schriften als Ganzes präsentieren. Damit entsteht auch die sinnlose Aussage: „Man braucht nicht viel zu studieren, um auf dem wahren Pfad zu reisen.“ Ein Hinweis dafür, dass die kritischen Zusammenhänge (von Studium, Reflektion und Meditation) nicht erkannt werden, besteht in der fehlenden Unterscheidung zwischen jenen, die die Sutras oder Tantras gut studiert haben und jenen, die keinerlei Wissen darüber haben und daher nicht den notwendigen Aufwand für die Praxis betreiben. Einen weiteren Hinweis können wir darin erkennen, dass Meditierende oftmals kritisiert werden, wenn sie studieren und forschen. Diese falsche Sicht hält sich immer noch in Tibet." (Tsongkhapa, Lam rim chen mo, Kapitel 6, übersetzt durch Hans Korfmacher)
Dass die Dinge existieren: Leider sind »Erkenntnistheorien« im heutigen Wissenschaftsbetrieb kaum mehr von Interesse. Glauben doch die technisch orientierten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sicher zu wissen, wie Wahrnehmungen und damit die Welt funktionieren. Ihre systemimmanente »Wissenschaftstheorie« haben sie daher zur einzig relevanten erklärt. Philosophie ist in ihren Augen nur ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, als ausgefeilte psychologische Experimente noch nicht zur Verfügung standen. »Erkenntnistheorien« im wörtlichen Sinne hat die sich modern nennende Wissenschaft in die Geschichte der Philosophie abgeschoben. Doch genau diese Geisteshaltung erschwert das »Nachdenken über den Geist« - und damit über uns selbst. Deshalb hören wir immer wieder die Hypothese, »Gehirn und Geist« seien identisch. Das aber ist - wie im Buch detailliert aufgezeigt werden wird – ein schwerwiegender Trugschluss der modernen Wissenschaftsgemeinde. Ernst Bloch kommentierte denn auch die besonders im Angelsächsischen und von den Naturwissenschaften gefeierte Hypothese über das vermeintliche Ende der Philosophie mit spitzen Worten: „Das ganze Gerede darüber, die Philosophie sei abgelaufen, ist das Vergnügen eines unbegabten Knaben, der sich bei Hitzeferien von der Lösung und Stellung schwerer Aufgaben im Schulunterricht selbst dispensiert hat.“ All jene, die dem Glauben anhängen, der »Geist« sei lediglich eine körperliche Funktion, haben aufgegeben, eine durchaus schwierige Aufgabe verstehen zu wollen und ein »unmittelbares Gewahrsein über den Geist« zu erfahren. Albert Einstein (1879 – 1955) hingegen, der bekanntlich kein experimenteller Physiker war und dessen philosophische Resultate nur Wenigen bekannt sind, dachte viel über die Möglichkeiten nach, Erkenntnisse mit Hilfe physikalischer Experimente zu gewinnen. Er wollte vermutlich sicher sein, dass seine ungewöhnlichen Berechnungen zur Relativitätstheorie keine Spinnereien einer mathematischen Welt seien – eine Gefahr, die uns in den heutigen »virtuellen Welten« mehr denn je bedroht. In einem Gespräch 1926 mit dem Quantenphysiker Werner Heisenberg (1901 – 1976) stellte er dazu fast lakonisch fest: „Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann.“ Dieser einfache und geniale Gedanke ist wegweisend für ein ehrliches Verständnis über die Gewinnung von Erkenntnissen - und kommt den Weisheiten Buddha Shakyamunis (563 – 483 v. Chr.) äußerst nahe. Denn damit wird die »Abhängigkeit des Wissens« von Vergangenem benannt, von vormaligen Ideen, der „Historizität“, wie Theodor Adorno (1903 – 1969) es bezeichnet hat. Erst mit einer »Theorie im Geist« können wir die Signale, die die fünf Sinne empfangen, interpretieren. In einem Experiment wird folglich nichts »Objektives oder Absolutes« wahrgenommen. Vielmehr werden die sensorischen und sonstigen Informationen, die mit jeder Wahrnehmung in den »Geist« eines Betrachtenden einströmen und dort Empfindungen und Prozesse der Unterscheidung auslösen, erst aufgrund einer »Theorie im Geist als wahr angenommen«. Ohne historisches Vorwissen sind Erkenntnisse aus beobachtenden Wahrnehmungen schlicht unmöglich. Das Gerede von einer „objektiven Wissenschaft“, wonach die Eigenschaften, die wir beobachten, den Objekten zu eigen seien, können wir schon mit der grundlegenden Einsicht Albert Einsteins als falsch einstufen. Doch diese Weisheit verschweigen die positivistisch geprägten Wissenschaften lieber, um ihre vermeintlichen Siege zu feiern. Das einfache Nachdenken, wie Albert Einstein es tat, lehrt uns stattdessen: Neue Erkenntnisse entwickeln sich aus einem unbegrenzten »Ursachen-Wirkungen-Netzwerk« vorheriger Erkenntnisse, die im »Geist« genau zu diesem Zwecke gespeichert wurden. Die angebetete »Objektivität«, nach der ein Objekt absolute Eigenschaften »aus sich heraus« besäße, ist nur naiver Glaube. Tatsächlich bringt eine Aussage über ein Objekt - aufgrund der »Theorien im Geist« eines Wahrnehmenden - lediglich die momentane »Beziehung zwischen einem Geist und einem Beobachtungsobjekt« zum Ausdruck. Die »Nichtexistenz der Objektivität« treibt heutzutage viele leider in das Extrem der »subjektiven Willkür« - was »post-faktisch« (engl.: post-true) genannt und somit als jenseits »wahrer Aussagen« bezeichnet wird. Die Rede vom »post-faktischen Zeitalter« impliziert allerdings die falsche Hypothese, dass in früheren Zeiten eine »Wahrheit« klar erkennbar gewesen wäre. „Eine solche Prämisse bildet, vorsichtig formuliert, die Wahrheitskriege nicht korrekt ab. Sie ist überdies erkenntnistheoretisch naiv, weil man eine vergangene Wahrheitsklarheit behauptet, wo seit den Tagen von Platons Höhlengleichnis permanent Fraglichkeit herrscht.“ Dass es sie hierbei nicht nur um eine philosophische Frage handelt, die in einem theoretischen Raum stattfindet, hat der Philosoph Michale Hampe (Jahrgang 1961) klar mit folgenden, sich ergebenden Fragen aufgezeigt: „Was macht man, wenn rechte Verschwörungstheoretiker, Leute, die sich Fakten zurechtfabrizieren und schlicht lügen, an die Macht gelangen? Was sagt man den Leugnern der Erderwärmung, wenn sie Tatsachen mit grober Pranke beiseiteschieben und lachend rufen: »Du wirfst mir vor, Tatsachen zu leugnen? Hast du nicht behauptet, die gäbe es gar nicht? Nun, wenn alles konstruiert ist, dann konstruiere ich mir jetzt mal eben mein Klima, ich erfinde es, anstatt es vorzufinden So hast du es doch immer gewollt!«“ Sichtbar wird eine Schwäche des »Strukturalismus« Jaques Derridas (1930 – 2004), der in der Sprache den Grundtyp jeder ganzheitlichen Organisation der Wirklichkeit sah. Auch Michel Foucaults (1926 – 1984) »Poststrukturalismus«, wonach Denken und Wahrnehmung alleine durch Diskursordnungen geprägt seien, entkommt nicht dem von Michael Hampe beschriebenen Dilemma, weil wir für das praktische Leben und dem Überleben als Menschheit Entscheidungen zu treffen haben und nicht in die »Willkür einer (post-) konstruktivistischen Subjektivität« verfallen dürfen, die selbst die »beziehungsmäßigen Abhängigkeiten« aller Phänomene und Personen negiert. Die »Nichtexistenz der Objektivität« bedeutet im buddhistischen Sinne nicht, dass Dinge nicht existieren würden oder Ereignisse nicht stattfänden. Hierauf weist der Dalai-Lama in all seinen Vorträgen immer wieder beschwörend hin, weil wir ansonsten der Gefahr des »subjektivistischen Nihilismus« anheimfallen: „Ich sage nicht, dass Dinge nicht existieren, wenn ich über deren Leersein von Eigenexistenz spreche. Dinge und Situationen existieren; sie bestimmen Erfahrungen wie Leid und Freude. Ich sage nur, dass sie nicht so existieren, wie wir sie üblicherweise wahrnehmen. Sie sind weder autonom noch objektiv oder unabhängig.“ Eigenschaften, die wir den Dingen üblicherweise zuschreiben, sind im guten sokratischen und platonischen Sinne nicht den Objekten »zu eigen« - weshalb die Annahme einer »Objektivität« erkenntnistheoretisch vor über zweitausend Jahren als sinnlos erkannt worden ist. Die Objekte sind vielmehr, wie Buddha Shakyamuni es genannt hatte, »leer von jeder Eigenexistenz«. Sie sind frei davon, unabhängig zu existieren. Sie entstehen aufgrund eines »abhängigen Werdens« - der »beziehungsmäßigen Abhängigkeit« von zumeist unbekannten Ursachen sowie zugehörigen »subjektiven Interpretationen« des Wahrnehmbaren mit Hilfe der von Albert Einstein erkannten »Theorien im Geist« jedes Menschen. Buddhas Lehre mit dem europäischen Strukturalismus zu gleichzusetzen und zu behaupten, Phänomene und Personen seien lediglich Ausdruck einer Benennung, hilft zwar bei der Befreiung vom Glauben an eine »Objektivität«, impliziert die Gefahr der »subjektivistischen Willkür«. Begreifen wir die »Unmöglichkeit autonomer Objektivität«, ohne in die Falle des »subjektiv Postfaktischen« zu tappen, ergeben sich die wirklich relevanten Fragen des Lebens: Woher stammen die »Theorien in meinem Geist«? Wie bin ich gestrickt? Was bewegt mein Leben in welche Richtung? Diese Fragen führen uns auf die wichtigen Pfade zur Erkundung des je »individuellen Geistes«, den ich von nun an in diesem Buch »Geist(i)« nenne, weil jeder Mensch und jedes anderen fühlenden Wesens eine individuelle Vergangenheit hinter sich hat. Der Index »i« markiert wie in der Mathematik die »Individualität jedes Geistes«, die die je individuelle Gegenwart und Zukunft bestimmt. Ein weiteres Anliegen dieses Buches ist, hierüber einige philosophische Hinweise zugeben, damit wir uns selbst verstehen lernen." (Hans Korfmacher, Lebenskreise (Band 2) - Geist und Glück, Kapitel 1: Sinn und Suche, erscheint im 2. Halbjahr 2017)
Die Sieben Zweige der Verehrung - Eräuterungen von Dje Tsongkhapa im Lam rim chen mo: Hinsichtlich der Sieben Zweige der Verehrung umfasst der Erste Zweig der Verehrung: die Verbeugung eine Kombination aus physischen, verbalen und geistigen Verneigungen. Das kommt in den ersten Versen des Lobpreises von Samantabhadra (Samantabhadra-carya-pranidhana) zum Ausdruck: „Ich verneige mich mit Körper, Rede und reinem Geist vor ausnahmslos allen Löwen unter den Menschen, die die drei Zeiten in den Welten der zehn Richtungen durchqueren - so viele es davon auch geben möge.“ Dieser Vers ist eine aufrichtige und respektvolle physische, verbale und geistige Verneigung, die nicht einfach nur konform geht mit dem, was andere tun. Betrachte als Objekt deiner Meditation nicht nur die Buddhas einer der zehn Richtungen des Universums oder nur einer der drei Zeiten. Betrachte stattdessen als Objekte deiner Meditation alle Sieger über die Leiden, die in allen zehn Richtungen der Welten verweilen sowie jene, die die Welt bereits einmal besucht haben, sie in der Zukunft aufsuchen werden und in der Gegenwart erscheinen. Meister Ye-shay-day (Ye-shes-sde) erläuterte hierzu in seinem Kommentar über den Lobpreis für Samantabhadra: „Wenn du dich nur vor einem Buddha verneigst, sind die Verdienste schon kaum zu ermessen. Warum sollte man dann überhaupt noch die Verdienste erwähnen, die durch das Verbeugen vor unzähligen Buddhas der drei Zeiten in den zehn Richtungen entstehen werden?“ Die körperliche Verneigung ist Teil des ersten Zweiges und wird im zweiten Vers zum Ausdruck gebracht: „Mit der Kraft meiner Lobpreisungen zum Anstreben guter Lebensführung verbeuge ich mich vor allen Siegern über das Leiden mit geneigten Körpern, die so zahlreich sind, wie die kleinsten Teilchen in allen Welten.“ Stelle dir während des Sprechens dieser Zeilen vor, wie die Sieger über das Leiden in allen Richtungen und Zeiten verweilen als wären sie Objekte deines Geistes. Während du dich dabei verbeugst, stelle dir eine Vielzahl von Emanationen deines eigenen Körpers vor, deren Anzahl so groß ist wie die kleinsten Teilchen in den Welten der Buddhas. Darüber hinaus solltest du von Beginn an von der Kraft des tiefen Vertrauens in die vielversprechenden Handlungsweisen der Objekte deiner Verneigungen motiviert sein. Meister Ye-shay-day erklärte: „Schon das Verbeugen mit nur einem Körper erzeugt großes Verdienst, doch das Verbeugen mit unzähligen Körpern bewirkt extrem große Verdienste.“ Die geistige Verneigung des ersten Zweiges kommt im dritten Vers zum Ausdruck: „Auf einem Teilchen befinden sich in der Mitte von Bodhisattvas sitzend so viele Buddhas wie es Teilchen in allen Welten gibt. Hierdurch durchdringen die Buddhas die Wirklichkeit. Ich stelle mir vor, dass die Sieger über die Leiden alle Teilchen in allen Welten so besetzen.“ In unserer Vorstellung sitzen Buddhas auf den kleinsten Teilchen und sind ebenso zahlreich wie diese. Jeder Buddha ist umgeben von Bodhisattvas als Schüler und Schülerinnen. Die geistige Verneigung fördert Vertrauen durch die Erinnerung an die guten Eigenschaften aller Buddhas. Die sprachliche Verneigung des ersten Zweiges wird im vierten Vers vorgetragen: „Mit Klängen eines Ozeans melodischer Stimmen und Meeren unerschöpflichen Lobes preise ich alle Sugatas und verkünde die ausgezeichneten Eigenschaften aller Sieger.“ Im Einklang mit den Schriften stelle dir währenddessen vor, wie unzählige Köpfe von jedem deiner unzähligen Körper als Emanation erscheinen und ebenso unzählbare Zungen von jedem Kopf. Die sprachliche Verneigung bringt mit freudigem Lied die unermesslichen Lobpreisungen der guten Eigenschaften aller Buddhas zum Ausdruck. In diesem Vers steht die Metapher „melodische Stimmen“ für den „Lobpreis“, die „Stimmen“ sind dessen Ursache und „Ozean“ bringt die Vielfältigkeit des Lobpreises zum Ausdruck. Im Kontext des Zweiten Zweiges der Verehrung: dem Darbringen von Gaben gibt es sowohl gewöhnliche als auch unübertroffene Gaben. Die ersteren werden in den folgenden zwei Versen vorgetragen: „Ich bringe den Siegern über die Leiden exquisite Blumen und schönste Girlanden, Musikinstrumente, Salben und herrliche Schirme, ausgezeichnete Lampen und edlen Duftkerzen dar. Ich bringe ausgezeichnete Gaben den Siegern über die Leiden mit schönsten Gewändern, erlesenen Parfums, duftenden Pudern, die dem Berg Meru gleichen im exklusivsten Arrangement dar.“ „Exquisite Blumen“ sind wundervolle, einzelne Blumen aus den Bereichen der Menschen und transzendenten Wesen. „Girlanden“ bestehen aus verschiedenen Blumen, die abwechselnd gebunden sind. Beide Begriffe umfassen alle möglichen realen oder vorgestellten Blumenarten. „Musik-instrumente“ sind Saiten-, Blas- oder Schlaginstrumente. „Salben“ sind duftende Salben zur Pflege des Körpers. „Herrliche Schirme“ sind die besten Schirme, die man bekommen kann. „Lampen“ schließen glänzende Juwelen ebenso ein wie duftende oder leuchtende Lampen beispielsweise aus Butter. „Duftkerzen“ bestehen aus einem oder mehreren Duftstoffen, die zu Räucherkerzen verarbeitet sind. „Schönste Gewänder“ sind die besten aller Kleidungsstücke. „Erlesene Parfums“ sind parfümierte Wässer, die in Schalen dargebracht werden; es schließt Wässer ein, die von einem Duft durchdrungen sind, der das Universum der drei Milliarden Weltensysteme durchströmt. „Duftende Puder“ sind so hoch und so breit aufgetürmt wie der Berg Meru, bestehend aus abwechselnden Schichten farbiger Sande, wie sie zum Erstellen von Sandmandalas verwendet werden, und duftenden Räucherwerkpulvern, die verteilt oder verbrannt werden. „Arrangement“ bezieht sich auf alle diese Gaben, die gut, vielfältig und dekorativ sein sollten. Der nachfolgende Vers beschreibt die unübertroffenen Gaben: „Ich stelle mir ungeheuer viele, unübertroffene Gaben für alle Siegern über die Leiden vor. Mit der Kraft meines Vertrauens in gute Lebensweisen verneige ich mich und bringe ihnen diese Gaben dar.“ Gewöhnliche Gaben sind solche von weltlichen Personen. Folglich sind unübertroffene Gaben solche Dinge, die von kraftvollen Wesen wie den Bodhisattvas kreiert wurden. Die beiden letzten Zeilen dieses Verses beziehen sich auf alle Verse des vierten Zweiges. Sie beschreiben deine Motivation und die von dir intendierte Botschaften der dargebrachten Verneigungen und Gaben. Der nächste Vers beschreibt den Dritten Zweig der Verehrung: das Bedauern falscher Handlungen: „Was auch immer ich an schädigenden Handlungen mit Körper, Sprache oder Geist unter dem Einfluss von Verlangen, Vernichten-wollen und Nichtwissen getan habe bedauere ich aus tiefsten Herzen – jede einzelne von ihnen.“ Die Natur schädigender Handlungen besteht darin, dass sie durch die drei Geistesgifte – Verlangen, Vernichten-wollen und Nichtwissen - verursacht werden, die dich dazu verleiten, mit Körper, Sprache oder Geist entweder selbst schädigend zu handeln oder dich an schädigenden Handlungen anderer zu erfreuen. Um dies zum Ausdruck zu bringen wird der Term „was auch immer“ verwendet. Sich Schädigende Handlungen einzugestehen impliziert, sich an sie zu erinnern und sie dann aus tiefstem Herzen zu bedauern mit einer Haltung, zukünftig solches Verhalten zu vermeiden. Hiermit verhinderst du, dass sich die Wirkungen vormalig ausgeführter schädigender Handlungen verstärken und du wirst zukünftig nicht mehr schädigend handeln. Der nächste Vers formuliert den Vierten Zweig der Verehrung: das Erfreuen: „Ich erfreue mich an allen Verdiensten, welche sie auch immer sein mögen, der Siegreichen über das Leiden in den zehn Richtungen, ihrer Söhne und Töchter, den Bodhisattvas, der Pratyekabuddhas, Lernenden und Nicht-mehr-Lernenden und auch der allen anderen Wesen.“ „Sich erfreuen“ bedeutet, die Vorteile der tugendhaften Handlungen dieser fünf Personengruppen zu erinnern und eine Freude darüber so zu kultivieren, als würde ein mittelloser Mensch einen großen Schatz finden. Der nächste Vers formuliert den Fünften Zweig der Verehrung: die Bitten zum Drehen des Rads der Lehre: „Ich bitte alle Beschützenden, die das Licht in den Welten der zehn Richtungen sind, die die Buddhaschaft erreicht haben, welche ohne jegliches Verlangen ist, das unvergleichliche Rad der Lehre zu drehen.“ Die Bitte zum Drehen des Rads der Lehre schließt die Vorstellung ein, dass Duplikate deines Körpers, deren Anzahl so groß ist wie die der Buddhas in den zehn Richtungen, von deinem aktuellen Körper emanieren. Dann bittest du die Buddhas, die in den Buddhawelten verweilen, die Lehren zu erteilen. Sie werden nicht lange warten, mit dem Lehren zu beginnen, nachdem sie das Erwachen und das Wissen jenseits des Verlangens und aller Hindernisse erreicht haben. Der Sechste Zweig der Verehrung: das Anflehen kommt im nachfolgenden Vers zum Ausdruck: „Mit gefalteten Händen flehe ich all jene an, die die Absicht haben könnten, ihr endgültiges Nirvana zu zeigen, für so viele Äonen, wie es Teilchen in den Welten gibt, hier zu verweilen, um allen Wesen Glück und Wohlsein zu bringen.“ Erneut impliziert das Anflehen die Visualisierung von unzähligen Duplikaten deines Körpers. Vor dir im Raum befinden sich die Buddhas in ihren Daseinsbereichen der zehn Richtungen, die darüber lehren, wie das endgültige Nirvana erreicht wird. Und dann bittest du sie darum, für so viele Äonen hier zu verweilen, wie es kleinste Teilchen in allen Welten gibt, um allen fühlenden Wesen zeitlich begrenztes Glück und dauerhaftes Wohlsein zu bringen. Der nächste Vers bringt den Siebten Zweig der Verehrung: die Widmung zum Ausdruck: „All die wenigen Verdienste, die ich durch Verbeugen, Darbringen, Bedauern, Erfreuen, Bitten und Anflehen angesammelt habe, widme ich der Erleuchtung fühlender Wesen.“ Diese Widmung bezieht sich auf die niemals auslöschenden Wurzeln der Tugenden, die durch die ersten sechs Zweige der Verehrung erreicht werden, weil sie mit starker Motivation als Ursachen für deine Erleuchtung und die aller fühlenden Wesen dargebracht worden sind. Während du die Bedeutung dieser Verse in der hier vorgetragenen Weise verstehst, rezitiere sie langsam ohne Ablenkung. Hast du einmal damit begonnen, sammelst du unzählige Verdienste. Du vermehrst die Sammlung aller Verdienste und die subtile Weisheit – äußerst vorteilhafte Bedingungen – durch die Praxis der fünf Zweige Verbeugen, Darbringen, Erfreuen, Bitten und Anflehen. Durch das Bedauern aus tiefstem Herzen bereinigst du Hindernisse, die nachteilig sind. Erfreuen an Tugenden zu kultivieren, die du vollbracht hast, vermehrt die Tugenden. Auch wenn du nur wenige Tugenden als Ergebnis des Ansammelns, Reinigens und Vermehrens erlangt hast, erweiterst du ihre Wirkung außerordentlich mit Hilfe der Widmung. Obwohl manche tugendhaften Effekte nur temporär auftreten und sich dann wieder auflösen, wird dies durch die Widmung niemals geschehen. Zusammenfassend können wir festhalten: die Sieben Zeige der Verehrung bestehen im Wesentlichen in den Handlungen: Ansammeln, Reinigen, Vermehren sowie das nicht mehr Verlieren. (Dje Tsongkhapa, Lam rim chen mo, Kapitel 5, übersetzt von Hans Korfmacher)